Dr. Peter Meier
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Fragen an die Wissenschaftsphilosophie

Betrug kommt selbst in der Wissenschaft nicht aus der Mode, solange die Philosophie das Sagen hat...

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Not everything that can be counted counts, and not everything that counts can be counted. -Albert Einstein

Metzinger Hintergrundan-nahme zu der wir hier die etablierte Wissenschaft hinterfragen ist: Das allgemeine Bild vom Menschen wird sich im Laufe dieses Jahrhunderts durch die Fortschritte der Neuro-, Informations- und Kognitionswissenschaften tief greifender verändern als durch jede andere wissen-schaftliche Revolution der Vergangenheit. Die pre#1-trans#0-trappende#2 Wissenschaft des 20. Jahrhunderts hat jedoch keine Antworten für das
21. Jahrhundert!

Kontext: Das neue Jahrhundert – so ist immer wieder zu hören – wird das Jahrhundert der Biowissenschaften. Durch die Fortschritte, so Metzinger die nicht nur in der Genetik, sondern auch in den Neuro-, Informations- und Kognitionswissenschaften zum Teil in rasantem Tempo gemacht werden, wird sich nicht nur das allgemeine Bild vom Menschen, sondern auch unser Begriff davon, was eigentlich Bewusstsein und Geist sind, grundlegend verändern. Die Mind Sciences folgen den Life Sciences auf dem Fuß, weil sie im Grunde ein Teil der bloss Wissen schaffenden pre#1-trans#0-trap#2 sind. Diese Entwicklung geht gerade auch die Geistes-wissenschaften an. Klassische und die Disziplinen verbindenden Erkenntnisziele, wie das der Selbster-kenntnis werden durch das neue Wissen über uns selbst in Frage gestellt und gleichzeitig auf eine neue Ebene gehoben. Solches sagt Thoma Metzinger, nachdem er als Philosoph das "Selbst" als ein Verwechslung, als nichtexistent erklärt hatte. Deshalb müssten, so seine Schlussfolgerung, die Geisteswissen-schaften die Entwicklung in den Biowissenschaften und in den „Mind Sciences“ von Anfang an begleiten und sich möglicherweise, wohl wo sie blosse Geisterwissenschaft sind, auch einer grundlegenden Diskussion über ihr Selbstverständnis stellen. Darum geht es hier!

Die Philosophie muss auf jeder Zeitgeistwelle auch am Ende ihrer Fahnenstange, wie ein Geist am Ende seines Lebens, weiter reiten - neustens, surfen. Sonst wird sie undenkbar; unwirklich war sie schon von Anfang an, so Metzinger:

Die Philosophie des Geistes und die Anthropologie erhalte durch den naturwissenschaftlichen Erkenntniszuwachs starke und andauernde Impulse. Viele der klassischen Fragen lassen sich heute (von ihr) wesentlich genauer formulieren. Vielleicht sind deshalb auch nicht nur detailliertere, sondern sogar wirklich neue und originelle Antworten möglich geworden.

Dazu ist Metzingers "tiefgreifender" Ansatz: "Diese Veränderung wird mittelfristig auch kulturelle und gesellschaftliche Konsequenzen mit sich bringen. Es ist deshalb wichtig, dass die Geisteswissenschaften – insbesondere natürlich die Philosophie - diese Entwicklung von Anfang an in angemessener Form begleiten. Um dies tun zu können, werden sie sich jedoch auch einer grundlegenden und möglicherweise weit reichenden Diskussion um ihr eigenes Selbstverständnis stellen müssen." Doch wer sagt denn, dass dies in Form einer Diskussion zu geschehen habe, der Mentalwaffe, mit sie hofft, jeden Wirklichkeit zu schlagen? Daraus lassen sie Verkaufsseminare nach dem Motto "Der Kunde hat keine Chance" ableiten...

Das neue Wissen, ihr Wissen über uns selbst, so suggeriert Metzinger, sei einerseits wertvoll, weil es – zum Beispiel in der Medizin – Schritt für Schritt ganze Paletten von lang ersehnten Handlungsmöglichkeiten verfügbar mache. Ausserdem sei dieses Wissen aus der Perspektive der Geisteswissenschaften insbesondere deshalb von großem Interesse, weil es klassische und alle Disziplinen überschreitende Projekte wie das der Selbsterkenntnis auf eine ganz neue Ebene hebt. Damit meint er wohl, auch sie noch unwirklich erscheinen lasse. So sagten die Nazis vor Stalingrad: "Die Schweiz, das Stachelschein, das holn wir auf dem Heimweg ein!". Die Intellektuellen haben es seit ihrer Kriegserklärung 1991: "700-Jahre Schweiz sind genug!" bis auf ein paar wenige, letzte Mohikaner, "Propheten" genannt geschaffen. Denen wollte Bundesrat Arnold Koller in seiner 1. Augustrede 1997 noch den Garaus machen. 
 

Die Geschwindigkeit, mit der die neuen Anwendungskon-texte entstehen, erzeugt einen grossen Zeitdruck für normative Diskussionen und politische Willensbildungs-prozesse. Deshalb wird es für all jene, die z.B. im Bereich der angewandten Ethik geisteswissenschaftliche Interventionen für dringend notwendig erachten, immer schwerer, tatsächlich die Initiative zu übernehmen. So fällt selbst die Philosophie, wegen der von ihr kreierten Eigendynamik von Diskus-sionen, wo sie nur noch post factum kritisch kommen-tierende Defensivposition beziehen kann. Faktisch verlaufen diese Prozess (EU-Verfassungsdiskussion 2005) nun in wesentlichen Anteilen nicht nur unreflektiert, sondern auch politisch ungesteuert.

Psychotrick 1: ANGST ist eines der häufigsten Motive für unser Verhalten und vor allem reduziert sie unser Bewusstsein und lässt uns nach Strohalmen greifen. Prototyp der Angst ist die vor dem Alter, vor der ungewissen Zukunft oder von Zwängen. Deshalb spricht ja Philosophie von subjektiver Unsterblichkeit und Freiheit vom Schöpfer und über seine Schöpfung...

Welche qualitativen neuen Risiken birgt das Neue Nichtwissen der psycho- politisierenden Philosophen? fragt deshalb Metzinger: 

Das Neue Wissen sei problematisch, weil es undurchsichtige Anwendungs-kontexte Anreize und Rechtfertigungen für potentiell gefährliche und im Sinne der Lebenserfüllung möglichst vieler verwerfliche Technologien anregt und suggeriert, in ihm stecke die Lösung. Metzinger nennt als Beispiel sie militärische Umsetzung der Robotik mit der Künstliche-Intelligenz-Forschung, der Einsatz neurotechnolog-ischer Verfahren bei der Rehabilitation von Straftätern, das potentielle Ingangsetzen einer zweiten evolutionären Dynamik durch die Artificial- Life-Forschung oder das fast schon altbekannte Problem des technischen Zugriffs auf die genetische Grundlage des menschlichen Körpers durch eine hochprofessionalisierte Molekularbiologie. Um auf sich aufmerksam zu machen, fährt er fort: Im Zeitalter der Globalisierung können nationale Gesetzgeber diese Entwicklung nur noch schwach steuern und den mit ihr verbundenen Risiken nicht mehr wirksam entgegentreten.

Sogar die etablierte Wissensarbeit darüber konvergiert nicht mehr erstrebenswert. Das bringt qualitativ neue Risiken (Umweltzerstörung, Klimaveränderungen, Zerstörung der Artenvielfalt, des Amazonas usw., andererseits Bevölkerungsexplosion etc.) mit sich. Und für dies Art der Bastarde der Wissensarbeit nennt sich die Philosophie zur Recht "Mutter" und suggeriert für ihre "Kinder", letztlich jedoch nur für die Fussnoten Platons, Sorge zu tragen....

 

Da haben Sie es: Wer die Arbeit kennt, und sich nicht mit Tricks verdrückt, der ist verrückt. Die philosoph-ischen Schmeicheleinen dienen nicht Ihnen; sie sind ein Lobgesang auf die Methode der Philosophie, möglichst effizient den Zeitgeist zu reiten!

Schliesslich geht es nicht um den Lohn ehrlicher Arbeit, sondern darum mit Schwatz- und Schwarzkunst aus Nichts eine Position, Ruhm, Macht und Ehre, ja Unsterblichkeit zu machen. Sie kennen doch Platon, aber nicht einmal den Namen seines Bäckers...

Das führt nach Metzinger dazu, dass auf Seiten der Geisteswissenschaften die Versuchung wächst, die fraglichen Entwicklungen einfach zu ignorieren. Für den Geisteswissenschaftler klassischer Prägung sei die aktive Auseinandersetzung mit naturwissenschaft-lichen Modellen des Menschen aus vielen Gründen unattraktiv: Sie stelle aufs Ganze gesehen eher ein Karrierehindernis dar, denn sie erfordere z.B. zusätzliche Rezeptionsarbeit und erhöht den allgemeinen Arbeitsaufwand beträcht-lich. Das werde aber auch von Kollegen oft als unnötig oder einem Missverständnis entspringend, belächelt.  

Psychotrick 2: GEZIELTE SCHMEICHELEI - ist eine der wirkungsvollsten Beeinflussungsmethoden. Misstrauen Sie den Vermittlern, die – nachdem sie zum ersten Mal Ihr Wohnzimmer betreten haben – gleich Ihre geschmackvolle Wanduhr oder den wirklich einmaligen Teppich loben. Damit geht es um eine Methode zur gezielten Manipulation. In den ersten Schulungsstunden wird vielen Verkäufern genau dies beigebracht: gezielt zu schmeicheln. Hören Sie also genau hin und versuchen Sie, ehrliche Komplimente von gezielter Schmeichelei zu unterscheiden - doch dazu müssen Sie in Ihrem wahren Wesen eingeschaltet sein und das versucht die Philosophie mit ihrem "Selbst" wie folgt zu pre#1-trans#0-trappen#2:

Das neue Wissen über uns selbst sei eines, das zusammen mit den traditionellen Begriffen des Geistes, der Subjektivität und der Rationalität längst nicht mehr nur metaphysische Ideologien in Frage stellt, sondern zumindest einige der klassischen Geisteswissenschaften selbst – zum Beispiel die Philosophie und die Psychologie. Immer öfter wird die Frage gestellt, was eigentlich genau der Beitrag der betroffenen Geisteswissenschaften zu den drängenden Gegenwartsproblemen ist.

Jetzt dürfen Sie in Ihrer Bedeutung geschmeichelt, aufatmen und gespannt darauf hören, was der Philosoph den über die Bastarde der Philosophie hinaus zu sagen hat.

Schliesslich weiss, wer Andere pre#1-trans#0-trapt#2 am Besten, wie deren Falle ein Bisschen leichter gemacht werden kann. Im konkreten Fall mit dem subtilen Hinweis auf die Möglichkeiten der Denkfaulheit.

Als Gefängniswärter sind SIE König! Er sagt Ihnen auch, wer die wahren Übeltäter und die Mächtigen sind - doch nicht er, der Ihnen Wasser und Brot, sowie die neusten Gerüchte über Ihre Hinrichtung bringt...

  • Immer öfter veröffentlichen prominente Naturwissenschaftler populäre Bücher philosophischen Inhalts und füllen damit ein Vakuum, das allem Anschein nach von den Geisteswissenschaften selbst nicht mehr erkannt oder als relevant erachtet wird.

  • Und manchmal wird hinter vorgehaltener Hand bereits die These vertreten, die eigentlichen Wissenschaften vom Geist seien längst die Hirnforschung und die Kognitionswissenschaft.

  • Dazu komme, dass viele der neuen und hypothetischen Entwürfe aus den Naturwissenschaften nicht “politisch korrekt” seien: Sie stellen zum Beispiel die Rationalität menschlicher Handlungssteuerung, die Autonomie des Subjekts oder den Unterschied zwischen biologischer und kultureller Evolution in Frage.
     

Die philosophische Anthro-pologie hat trotz fort-gesetzter Suggestion vom Gegenteil, bis jetzt kein umfassendes und für zukünftige Entwicklungen offenes Bild des Menschen. Sie kann es von ihrem Ansatz gar nie haben, denn sie versucht es über die Vielfalt der Information. einem  zu synthetisieren. Also impliziert sie aus  naturwissenschaftlichen Modelle einfach eine reduktionistische Sicht . Damit hofft sie in der Postmoderne bald allen klassisch-abendländischen Bildern vom Menschen und damit die Grundlagen der westlichen Kultur in Frage zu stellen. Das ergibt damit für sie aber kein explizites neues Bild vom Menschen, welches die wissenschaft-lichen Fakten in eine auch kulturell verankerbaren Form der Selbsterkenntnis transformieren könnte. Aus diesem Grund gibt es auch keine wirklich integrative Basis für normative Diskussionen.  

Psychotrick 2:  WIEDERHOLUNG -  Je konsequenter und je glaubhafter ein Vermittler Behauptungen wiederholt, um so mehr gewinnen diese Behauptungen an Glaubwürdigkeit, und um so mehr akzeptiert man, der Empfänger, Sie als Kunde, an irgendeinen Punkt die Behauptungen als etwas Gegebenes.

Das Mantra der Philosophie besagt immer wieder wo sie versagt: Was fehle sei ein begrifflicher Rahmen, innerhalb dessen eine rationale Interpretation der Daten möglich wird und innerhalb dessen Zielvorstellungen für die Zukunft kritisch – und vor allem rechtzeitig – diskutiert werden können. Das Kernproblem ist jedoch ein anderes: Die oben angesprochene Flut immer neuer empirischer Daten erzwingt zwar eine rationale Revision unserer kulturell und lebensweltlich verankerten Begriffe von Subjektivität und Selbstbewusstsein, von Personalität, Zurechenbarkeit und moralischer Vernunft. Wer sich zu einer solchen Revision als nicht fähig erweist, der wird leicht zur Zielscheibe für Zweifel an seiner eigenen Rationalität.

In unserem Alltagsgebrauch sind zentralen Begriffen wie “Selbst”, “subjektiv” oder “Verantwortlichkeit” unhaltbar geworden. Der philosophische Reduktionismus der dazu geführt hat, ist einfach eine rationale Heuristik am Sprachgebrauch. Damit gerät der gesuchte, tatsächlich unveräusserlicher Besitzstand der Geisteswissen-schaften immer wieder an sich und an der Kritik darüber ins Wanken.

Und das bevor er, bzw. damit etwa gefunden wird - weil es gemäss Metzinger das "Selbst" gar nicht gibt! Kritik sei eben immer nur dort effektiv, wenn sie einen echten Erkenntnisfortschritt mit sich bringt. In der dekonstruktiven Philosophie ist das nur an einer noch weitergehenderen Negation möglich - letztlich in der ihrer selbst. Konstruktiv ist Fortschritt im Sinne der Lebenserfüllung nur dort möglich, wo sie sich an etwas nachhaltig Wirklichem und nicht bloss z.B. an der philosophischen Ausdrucksweise über die Befunde der in der Naturwissenschaft fündig gewordenen Wissenschaftler ausdrückt.

So gesehen kann eigentlich die Philosophie nur immer wieder bloss sich selbst ad absurdum führen - und die welche an sie glauben...
 

Gemäss Metzinger besteht der beste Weg, mögliche und notwendige Anpassung-en an unserem Bild von uns selbst vorzunehmen darin, sich ihnen ganz direkt unter dem Aspekt der neuen Theorien des Geistes zu nähern.

Man habe in den letzten zehn Jahren mehr über die Struktur und die Wirkungs-weise des menschlichen Gehirns erfahren, als in den dreihundert Jahren davor. Damit meint Metzinger die Bilder von Gehirnscans...

Welche Folgen hat diese Entwicklung für philosoph-ische Theorien des Geistes?

Was bedeutet sie für die Psychologie des inneren Erlebens, was sind die Konsequenzen für unseren, d.h, bei Metzinger, den in der Philosophie vorherrschenden Begriff des Bewusstseins?

Psychotrick 3: JA-SAGEN - Geschickte Verkäufer und Psychopolitiker schaffen es immer wieder, ihr Zielpublikum zu einem Ja zu bewegen. Sie stellen gerne Fragen, die mit „.... richtig!“, „...... nicht wahr!“, „..... das stimmt doch!“ enden. Diese Fragen sind so gestellt, dass Sie sie in der Regel nur mit Ja sinnvoll beantworten können. Dadurch bringen Sie sich selbst, ohne dass Sie dies merken, in Zugzwang. Wenn ich Ihnen alle Punkte zu Ihrer Zufriedenheit klären kann, dann kommen wir doch hier und heute ins Geschäft, ja!“ Kunden, die diese Frage mit Ja beantworten, tun sich später mit einem vermeintlichen Nein sehr schwer. Das gleiche gilt, wenn Sie 15 mal Ja auf „... richtig!“, „..... nicht wahr!“-Fragen gesagt haben. Es fällt Ihnen am Ende dann um so schwerer, zu der oft sofort gewünschten Unterschrift Nein zu sagen. Die Philosophie geht mir ihren rhetorischen Fragen, die immer nur zu ihr führen, noch einen subtilen Schritt weiter an der Abgrund des Geistes:

Was ist die Zukunft des Subjekts? Wo – wenn nicht in den Naturwissenschaften selbst – muss der begriffliche Rahmen entwickelt werden, mit dessen Hilfe der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt nachhaltig in eine kulturelle Gesamtentwicklung eingebettet werden kann? So fragt Metzinger rhetorisch und antwortet gleich selbst:

Der Begriff „Kulturelle Gesamtentwicklung“ besitze dabei nicht nur eine lokale, sondern auch einen globale Lesart: Wir erleben bereits jetzt, wie sich auch in der globalen Menschheitskultur eine Kluft zwischen den reichen, säkularisierten und durch Naturwissenschaft und Technologie geprägten Ländern, und den ärmeren, noch tief religiös verwurzelten Kulturkreisen öffnet. Nicht nur in den westlichen Wohlstandsfestungen gilt, dass viele Menschen noch nie etwas von einem „neuronalen Korrelat des Bewusstseins“ gehört haben. Nicht nur in den reichen Industrieländern gilt, dass viele Menschen eigentlich gar nicht von einem neuronalen Korrelat des Bewusstseins hören wollen, weil sie sich eher vor einer naturwissen-schaftlichen Kolonialisierung ihrer Innenwelt fürchten und sich durch die Ergebnisse der Hirnforschung unangenehm in ihrer metaphysischen Intimsphäre berührt fühlen. Man darf sich keinen Illusionen hingeben: 80 % der Menschen auf diesem Planeten leben ihr Leben nicht vor dem Hintergrund eines rationalen oder wissenschaftlichen Weltbilds. Es ist deshalb durchaus denkbar, dass die eben angedeutete soziokulturelle Schere sich nicht nur innerhalb westlicher Gesellschaften sondern auch im globalen Kontext – nämlich zwischen Kulturkreisen – so weit öffnet, dass die neue Gefahren mit sich bringt oder traditionelle Konfliktpotentiale weiter verschärft...

Damit haben sie die Zukunft des Subjektes und damit der Philosophie - weiter teilend und vorherrschend - um jeden Preis - und fast allen bleibt nichts anderes übrig als dazu wie Lemminge JA zu sagen!
 

Man muss sich fragen, ob akademische Philosophie am Ende bloss eine instrumentalisierende Anbiederung der Geister-wissenschaften an einen in normativer Blindheit ablauf-enden, sich ständig beschleunigenden, und durch eine globalisierte Wettbe-werbssituation sich radikali-sierender technologischer Innovationsprozess ist...

Wollen die Geisteswissen-schaften diese Rolle überhaupt noch spielen? Sicher scheint zum Beispiel, dass nur wenige Geistes-wissenschaftler ein Interesse daran haben, einfach nur technologische Innovationsprozesse indirekt mit vorzubereiten - etwa in der Robotik, der medizinischen Neurotechno-logie oder bei der optimalen Einbindung des mensch-lichen Gehirns in virtuelle Umwelten. Sie sind es sich nur gewohnt, das aus der MATRIX der Philosophie heraus in eben diese hinein zu tun... 

Psychotrick 4: EMOTION - Hier gibt es einen gewissen Zusammenhang mit dem Psychofaktor Angst. Wir lassen uns in der Mehrzahl aller Entscheidungen von Emotionen und nicht von Vernunft-gründen leiten. Das gilt bei der Entscheidung für einen Partner bis hin zum Hauskauf. Schafft es ein Verkäufer, das Gefühl eines Kunden im Verkaufsgespräch anzusprechen, so ist er erstens ein guter Verkäufer, zweitens hat er die Sache so gut wie gewonnen.

Für die Philosophie ergeben sich nach Metzinger aus den Theorien der Neuro- und Kognitionswissenschaften über das denkende und Entscheidungen treffende Ich mindestens drei grosse Klassen von emotional besetzen Fragestellungen.

  1. Wie entsteht überhaupt ein phänomenales Handlungssubjekt? Was bedeutet all dies für das Problem der Willensfreiheit? Also: Wie kann man sich im Lichte unseres erweiterten Wissens die Tatsache verständlich machen, dass wir uns subjektiv unhintergehbar als die Initiatoren unserer eigenen Willkürhandlungen erleben?
  1. Welche Folgen könnten die daraus möglichen semantischen Erweiterungen in unserem allgemeinen Bild vom Menschen auslösen, und mit welchen Konsequenzen der Entwicklung muss man rationalerweise auf soziokultureller Ebene rechnen? Worin besteht die Relevanz dieser neuen Informationen aus den Naturwissenschaften für die Ethik und die Moralphilosophie? Also nicht für reelle Menschen wie Sie und mich; für die sind sind sie so verheerende wie alles andere der solche Menschen verachtenden Philosophie ...

  1. Spielen die von dieser Entwicklung betroffenen Geisteswissenschaften klassischer Prägung, insbesondere die Psychologie und die Philosophie, in der historischen und vor allem in der Wissen schaffenden Dynamik der soeben angedeuteten Umbruchsituation noch eine wesentliche Rolle? Wenn ja: Worin genau besteht diese Rolle, und was ist notwendig, um sie auch tatsächlich zu realisieren? Es geht also sicher nicht um Ihre Lebenserfüllung...

 

Es entsteht eine ganze Palette von neuen Problemstellungen für die angewandte Ethik, und damit eine neue, durch die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung erweiterte Anthropologie:

Wir bewegen uns auf ein grundlegend neues Verständnis dessen zu, was es heisst, ein Mensch zu sein. Wie sollen wir uns die Beziehung zwischen Gehirn und Bewusstsein denken? Gibt es so etwas wie eine Seele - eine geistige Substanz im ontologischen Sinn, die auch allein, aus eigener Kraft existieren könnte? Gibt es eine überzeitliche mentale Essenz, einen unveränder-lichen Kern der Persönlich-keit?

Was genau meinen wir eigentlich, wenn wir von “Willensfreiheit” sprechen; was bedeutet es, dass wir für manche unserer Hand-lungen verantwortlich sind, für andere dagegen nicht? Gibt es angesichts der vielen neuen Einsichten über die objektiven Entstehungs-bedingungen des subjektiv-en Erlebens noch berechtigte Hoffnung auf eine gehirn-unabhängige Existenz des Bewusstseins, z.B. nach dem körperlichen Tod?

Viele befürchten zu Recht, dass die Hirnforschung und vor allem ein ihr auf dem Fusse folgender Vulgär-materialismus uns auch auf gesellschaftlicher Ebene schleichend in eine weiter Reduzierung der soziale Wirklichkeit führt. Die pharmakologisch orientierte Psychiatrie oder die medizinische Neuro- und Nanotechnologie deuten auf eine umfassenderen Neuorientierung des Körperlebens hin...

Psychotrick 5: Pseudo-BESCHEIDENHEIT -  Geschickte Verkäufer stellen ihren Kunden bei Bedarf so dar, als wüsste der Kunde mehr als sie selbst. Solche Verkäufer unterschätzen sich selbst bewusst und verraten absichtlich (vermeintliche) in ihrer eigenen Person liegende Schwächen. Diese Position eröffnet ihnen im Folgenden – da sich ihr Gegenüber überlegen fühlt und damit unvorsichtig wird – sehr gute Manipulationsmöglichkeiten, z.B. indem sie plötzlich den Spiess umkehren...

Aus neuen Antworten auf die klassischen philosophischen Fragen ergab sich bisher immer wieder ein verändertes Gesamtbild des Menschen. Es war bisher die wichtigste Grundlagen unserer Kultur. Seine Besonderheit besteht darin, dass es sehr subtil die Art und Weise beeinflusst, wie darüber hinaus unverständige, bzw. intellektuell geprägte Menschen im Alltag miteinander umgehen, und sich selbst erleben. Deshalb wird die oben angedeutete Entwicklung einmal mehr kulturelle und gesellschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen und schliesslich unser aller Leben beeinflussen. Dafür forderte die Geisterwissenschaft zu allen Zeiten das innovative Potential, um, quasi "gottgleich" die auf der Höhe ihrer Zeit zu beleiben. Es geht damit um weit mehr als um die richtige philosophische Theorie z.B. zum Thema "Willensfreiheit"; es geht um institutionelle Macht über Menschen.Erneuerung“ heisst in diesem Kontext, neue Denkmodelle zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe eine gesellschaftliche Integration unseres Erkenntnisfortschritts erreicht werden kann. Mit der Globalisierung müssen aber die Risiken und Folgekosten einer solchen dauerhaften reduktionistischen Wende im allgemeinen Menschenbild analysiert werden: Wie erkennt man solche Risiken rechtzeitig? Wie minimiert man die Kosten der theoretischen Entwicklung?  

Neben der “Anthropologiefolgenabschätzung” geht es auch um etwas, das Metzinger als “Bewusstseinsethik” und “Bewusstseinskultur” bezeichnet. Damit soll, wie mit Wirtschaftethik, der “gefühlsmässige” und der soziokulturellen Preis der von der Philosophie getriebenen Entwicklung so niedrig wie möglich gehalten werden. Dazu hat man den Menschen auf dem Gang in die Gaskammer mit Blasmusik aufgespielt...

Diesen Preis zahlen wir für Philosophen wie Metzinger, die keinen Bezug zur Lebens- und Seinssubstanz zulassen, in der Hauptsache auf emotionaler und auf soziokultureller Ebene. Der gefühlsmässige Preis besteht zunächst in einem bestimmten “Unbehagen”: Wir werden verunsichert in vielen unserer unhinter-fragten Meinungen über uns selbst.

Mit den ersten Erfolgen der Neuro- und Kognitionswissenschaften, aber auch der Neurotechnologie oder etwa der biologisch orientierten Psychiatrie kann man Menschen zwingen, psychopolitisch korrekt neu über uns selbst nachzudenken. Dafür sind die Geisterwissenschaften traditionell sehr empfänglich für dieses Unbehagen – die Frage ist immer, ob sie sich über das pure Ressentiment hinaus in eine wirklich produktive Auseinandersetzung mit den Fakten hineinbewegen können. Der “soziokulturelle” Preis besteht in einer Vielzahl von unerwünschten Nebenwirkungen neuer Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf das gesellschaftliche Zusammenleben.

Wir befinden uns bereits seit einiger Zeit auf dem Weg zu einer völlig neuen Theorie darüber, was geistige, bzw. Seinszustände überhaupt sind, weil nicht nur die neurobiologischen Grundlagen solcher Zustände - ob wir es wollen oder nicht - immer deutlicher hervortreten. Auf der Ebene der technologischen Umsetzung dieses neuen Wissens werden sich in der Zukunft mit steigender Geschwindigkeit immer größere Handlungsspielräume eröffnen, in denen nicht nur die klassischen abendländischen Moralvorstellungen versagen.

Eine Theorie über das menschliche Gehirn wird aber früher oder später immer auch eine Theorie über das menschliche Bewusstsein sein und letztlich auch über das, was Philosophen gerne als „Innenperspektive“ und „Subjektivität“ zu bezeichnen pflegen. Auch die fortgeschrittenen medizinischen Neuro- und Informationstechnologien der Zukunft werden deshalb in vielen Fällen Bewusstseinstechnologien sein. Was wir derzeit erleben, ist allem Anschein nach erst der Anfang einer umwälzenden Entwicklung: Menschliches Bewusstsein wird in immer größerem Ausmaß technisch verfügbar, subjektives Erleben kann immer genauer beeinflusst und darum auch effektiver manipuliert werden. In vielen Bereichen wird dies eine segensreiche Entwicklung sein. Um jedoch den Preis zu minimieren, den wir für die Entwicklung als Ganze zahlen, wird es für uns alle immer notwendiger, sich – über den medizinisch-psychiatrischen Gesundheitsbegriff hinausgehend – Gedanken darüber zu machen, welche Bewusstseinszustände überhaupt interessante oder wünschenswerte Bewusstseinszustände sind.

Wir brauchen deshalb nicht nur eine Forschungsethik für die Neuro- und Kognitionswissenschaften, sondern auch eine Bewusstseinsethik. Bewusstseinsethik ist das inhaltliche Kernstück dessen, was ich mit „Bewusstseinskultur“ meine. Was ist mit dem Begriff “Bewusstseinsethik” gemeint? Unsere Handlungsmöglichkeiten bei der direkten Beeinflussung des menschlichen Gehirns werden sich bald und in sehr vielfältige Bereiche hinein erweitern. In vielen dieser Bereiche werden unsere moralischen Intuitionen versagen, unsere lebensweltlichen Hintergrundannahmen darüber, was eigentlich eine moralisch richtige Handlungsweise ist. Vielleicht kann man auch dadurch einen Fortschritt erzeugen, dass man nicht nur objektive Interessen und abstrakte ethische Prinzipien untersucht, sondern die Aufmerksamkeit ganz direkt auf konkrete subjektive Zustände lenkt: Welche Klassen von Bewusstseinszuständen sollen in unserer Gesellschaft illegal sein, welche wollen wir - etwa in Pädagogik oder bei der Gestaltung medialer Umwelten - verstärkt fördern? Welche Bewusstseinszustände wollen wir unseren Kindern zeigen? Welche Bewusstseinszustände dürfen wir nichtmenschlichen Lebewesen zufügen? In was für einem Bewusstseinszustand wollen wir selbst einmal sterben?

Das Projekt einer Bewusstseinsethik ist ein schwieriges, weil es dabei im Grunde nicht nur um eine ethische Bewertung bestimmter Handlungsformen, sondern um die normative Einschätzung von Erlebnisformen im Allgemeinen geht. Bewusstseinsethik könnte man als einen neuen Teil der Ethik verstehen, der sich mit solchen Handlungen auseinandersetzt, deren primäres Ziel es ist, den phänomenalen Inhalt der geistigen Zustände des Handelnden oder anderer Personen in einer bestimmten Richtung zu verändern. Wonach viele bereits suchen, ist eine „normative Psychologie“: eine überzeugende Theorie darüber, was überhaupt gute und anstrebenswerte Bewusstseinszustände sind. Für eine solche Theorie würden sich allerdings genau dieselben Begründungs- und Verallgemeinerungs-probleme stellen, die sich auch in der normativen Ethik stellen. Und vielleicht kann es so etwas wie eine verbindliche Bewusstseinsethik aus prinzipiellen Gründen gar nicht geben, vielleicht werden wir uns – auch dies, nebenbei bemerkt, ein oft übersehener Punkt von großer gesellschaftlicher Brisanz - am Ende mit einer Ethik ohne Erkenntnisanspruch begnügen müssen (vgl. etwa Birnbacher 2003, Kapitel 10). Trotzdem kann man hier genau die Fragestellungen entdecken, die heute für eine nachhaltige Kultur der sozialen Veränderung zentrale Bedeutung besitzen: Was ist überhaupt ein “guter” Bewusstseinszustand? Gibt es auch im normalen Alltag Formen des subjektiven Erlebens und der Selbsterfahrung, die “besser” sind als andere? Wie bereits angedeutet, betrifft dies dann auf einmal auch so weit voneinander entfernte Bereiche wie etwa die Behandlung von Sterbenden oder von nicht-menschlichen Lebewesen, die Drogenpolitik oder die Pädagogik. Am Ende geht es natürlich um eine klassische Frage der antiken Philosophie: Was ist überhaupt ein gutes Leben?

 

 

 

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